Agile Teams sind wie Jagdhunde

18.07.2022

Das heutige Führungsbild: Sie sind Jäger. Sie schicken Ihren Jagdhund. Laufen Sie nun neben ihm her und schreien: "Linke Pfote, rechte Pfote, jetzt springen!"?

Sie bewegen sich langsam und gespannt durch das sonnenbeschienene Feld. Eine kleine Gruppe Jäger mit ihren Hunden, die in freudiger Erwartung der Jagd aufgeregt neben Ihnen durch das Getreide springen. Ein Geräusch von rechts. Flügelschlagen. Einer der Treiber hat einen Fasan aufgescheucht. Sie legen an und drücken ab. Treffer! Der Vogel fällt zu Boden, Sie deuten mit dem Arm und rufen Ihrem vierbeinigen Begleiter zu: "Apport!" Ihr Hund prescht los, denn eigentlich hat er nur auf diesen Moment gewartet, seit Sie zusammen aus dem Auto gestiegen sind. Sie sind dicht bei ihm, laufen neben ihm, rufen ihm Kommando um Kommando zu: "Linke Pfote, rechte Pfote, jetzt springen. 3° rechts, Maul öffnen, Kopf senken, jetzt abbremsen, dann in 2 Sekunden zupacken und mit dem Kiefer..."

Nein? Das Bild macht an dieser Stelle keinen Sinn mehr für Sie? Sie würden Ihren Hund schicken und darauf vertrauen, dass er das macht, wozu er ausgebildet wurde? Und darauf warten, dass er mit der Beute zurück kommt?

Sehr gut. Dann machen Sie doch dasselbe auch mit Ihrem Team.

Ich habe in meiner Zeit als Agile Coach viele Manager:innen kennengelernt, die sich noch immer als die kompetente(ste) Fachkraft verstehen. Mit anderen Worten: die den Job (vermeintlich) besser machen als ihr Hund. Sie micromanagen ihr Team und erreichen damit vor allem eins: dass die genervten Mitarbeitenden die Verantwortung geistig an die Führungskraft abgeben. Das führt schnell zu einer Gruppe, die sich zurücklehnt und auf Dienst nach Vorschrift beschränkt.

"Wer alles selber macht, muss sich nicht wundern, wenn er bald alles selber machen muss."

Besser wäre es, sie würden sich ein Beispiel daran nehmen, wie Jäger:innen mit ihren Hunden umgehen:

  • Ein Jäger investiert viel Zeit in die Ausbildung seines Hundes, damit dieser weiß, was er im Einsatz tun soll.
  • Im Einsatz gibt der Jäger grob ein Ziel vor, der Hund agiert selbstständig und trifft Entscheidungen im Moment, ganz gemäß seiner Ausbildung. Der Jäger beobachtet aus der Ferne und greift notfalls korrigierend ein, aber mit wenigen, wegweisenden Anweisungen.
  • Sollte der Hund seine Aufgabe nicht erledigen, wird der Jäger das nicht als Anlass nehmen, ihn nächstes Mal enger zu betreuen, sondern ihn erneut trainieren. 

Ein agiles Team ähnlich zu behandeln, braucht ein wenig Vertrauen - sowohl in das Team als auch in die eigene Führung, die damit leben muss, dass so ein Team eben manchmal auch Fehler macht. Langfristig zahlt sich dieses Vertrauen - und die gelegentliche Geduld mit den Fehlern der Mitarbeitenden - aber aus. Denn nur ein Team, dass in einem gewissen Umfang autonom ist, wird auch Verantwortung für seine Arbeit übernehmen. Und das wiederum macht den Job einer Führungskraft um einiges leichter.



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