Sollte man in der Wirtschaft nicht trainieren wie im Sport?

22.11.2022

Das erste Spiel des FC Wirtschaft. Die Mannschaft ist neu zusammengestellt, die besten Talente wurden angeheuert. Gespielt wird agil. Zeit für's Training war bislang keine, aber bekanntlich muss man die Leute ja ins kalte Wasser werfen, damit sie schwimmen. Erwarten wir, dass ein solches Team als Sieger vom Platz geht? Wohl eher nicht. 






Wer im Sport siegen will, muss doppelt lernen.

Zunächst einmal im Training, in dem wir spezifische Situationen isoliert vom sonstigen Spiel trainieren, um gezielt einzelne Fähigkeiten aufzubauen und zu schärfen. 

Zum Anderen aber auch im Spiel, denn spielen lernen tut man erst auf dem Platz. Beziehungsweise in der Reflektion danach. Denn die ist mindestens ebenso wichtig wie das Spiel selbst. Nicht umsonst schauen sich Spieler:innen und Coaches Videoreplays der Spiele an. 

Und wer in der Wirtschaft siegen will? 

Scheinbar braucht der nicht viel zu tun, denn Lernen wird hier auf das Individuum ausgelagert. Da werden Mitarbeitende zu Wochenendseminaren geschickt oder mit Zugängen zu E-Learning Modulen versorgt. Dort können sie sich dann Videos zum Umgang mit Excel oder gewaltfreier Kommunikation ansehen.

Teamplay lernen? Fehlanzeige.

Innovation benötigt Teamplay

Dabei sind es nachweislich Teams, die heute die Innovationen hervorbringen, mit denen Firmen ihr Geld verdienen. Die Zeit der einsamen Genies ist vorbei, die heutige Wirtschaftswelt erfordert interdisziplinäre Teams von Fachexperten.  

Studien haben gezeigt, dass es nicht reicht, einfach ein Team aus besonders fähigen Individuen aufzubauen. Die Leistung des Teams hängt nicht vorrangig von der Leistung der Einzelnen ab, sondern wird von Faktoren wie z.B. psychologischer Sicherheit bei der Kommunikation innerhalb des Teams dominiert. 

Wie im Sport auch, müssen Teams in der Wirtschaft also ebenso lernen, wie sie erfolgreich zusammenarbeiten. 

Und wie beim Sport auch gibt es dabei zwei Möglichkeiten, um zu lernen.

Im Training, wo wir in Workshops und Seminaren das Wissen bezüglich spezifischer Inhalte vermitteln und - zum Beispiel in Rollenspielen - anwenden. Idealerweise lernen die Teammitglieder diese Inhalte gemeinsam, damit ein gemeinsames Verständnis und ein geteiltes Vokabular entstehen. 

Dieses Training wird in den meisten Unternehmen durchgeführt, wenn auch sicher nicht in dem Maße, in dem es nötig wäre. 

Was jedoch kaum genutzt wird, ist das Lernen aus dem Spiel.

Denn dieses Lernen benötigt Reflexion. 

Ja, individuelle Fähigkeiten können die Teammitglieder auch eigenverantwortlich verbessern, einfach, indem sie ihrem Tagesgeschäft nachgehen. Aber ein Team kann nur lernen als Team zu funktionieren, wenn es auch als Team reflektiert. 

Um als Team erfolgreich zu sein, braucht es Team-Reflexionen

In agilen Unternehmen gibt es dafür regelmäßige Retrospektiven. In diesen Meetings wird gezielt darüber gesprochen, was am Teamwork gut oder schlecht läuft und wie man sich verbessern könnte. 

Die Teammitglieder teilen Erfolgserlebnisse, Bedürfnisse und Beobachtungen, immer mit dem Ziel, den Outcome des Teams zu verbessern. 

Identifiziert das Team Verbesserungspotentiale, werden Maßnahmen oder Arbeitsvereinbarungen abgestimmt. 

Do-it-Yourself: Retrospektiven für das eigene Team

Wenn Sie in einer Organisation arbeiten, in der solche Retrospektiven noch nicht etabliert sind, habe ich eine gute Nachricht für Sie: Sie können den Erfolg Ihres Teams mit einer simplen Maßnahme massiv steigern!

In diesem Fall kann ich Ihnen folgende Schritte empfehlen:

  1. Buchen Sie sich und Ihrem Team alle zwei Woche einen Raum für 1-2 Stunden und stellen Sie allen Teammitgliedern einen Termin ein.
    Dieser Termin ist Pflicht und wird eingehalten, auch wenn die Arbeitslast mal hoch ist. Denn Ziel des Termins ist ja, die Effektivität und Effizienz des Teams zu steigern . Siehe auch mein Führungs-Bild zum Thema stumpfe Sägen.
  2. Erklären Sie, dass es in dem Termin darum geht, die Zusammenarbeit zu optimieren.
  3. Laden Sie für den Termin eine:n externe:n Moderator:in ein - Sie als Führungskraft sind Beteiligte:r, nicht Moderator:in!
  4. Beschäftigen Sie sich im Termin - strukturiert oder unstrukturiert - mit der Frage, was das Team gerade zurückhält. Gute Formate finden Sie zum Beispiel hier
  5. Treffen Sie am Ende jeder Retrospektive Vereinbarungen zu Veränderungen der Teamarbeit, und zwar immer im gemeinsamen Konsent! So steigern Sie die Akzeptanz und nehmen das gesamte Team in die Verantwortung. Kontrollieren Sie in der nächsten Retrospektive, ob die Vereinbarungen umgesetzt wurden.

 

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