Alignment – ohne gemeinsames Ziel keine eigenverantwortliche Arbeit

05.04.2021

Viele Führungskräfte die schlechte Erfahrungen damit gemacht haben, ihren Mitarbeitenden mehr Spielraum zu geben, haben dabei die Säule Alignment vernachlässigt.

Alignment, auf Deutsch nicht ganz treffend "Ausrichtung", ist der Grad, zu dem ein Team auf ein gemeinsames Ziel eingestimmt ist. Wenn jeder weiß, wohin es gehen soll und vor allem warum dieser Kurs Sinn macht, kann bei eigenverantwortlicher Arbeit wenig schief gehen.

Viele Chefs haben in Bezug auf Autonomie und Alignment eine Linie vor Augen, in dem Alignment am einen und Autonomie am anderen Ende steht. Und sie müssen ihr Team entlang dieser Linie einpegeln. Nicht zu viel Autonomie, sonst wird alles Chaos, weil nichts mehr alignt ist. Und Alignment erzeuge ich nur, indem ich stärker kontrolliere und detaillierter manage, was wiederum weniger Autonomie entspricht.

Doch dieses Bild ist grob falsch. Alignment und Autonomie sind zwei verschiedene Achsen und der beste Zustand für ein Team ist, wenn beides stark ausgeprägt ist. 

Quadrant 1: Niedriges Alignment, niedrige Autonomie
In diesem Quadranten erhalten die Angestellten genaue Vorgaben was zu tun ist, haben aber keine Vorstellung davon, warum sie das tun sollen. Dieser Quadrant stellt die unmenschlichen Arbeitsbedingungen dar, die in Kafkas Werken allgegenwärtig sind. Leider kommen sie auch in der Realität vor. Hier haben die Mitarbeitenden innerlich bereits gekündigt und machen nur noch Dienst nach Vorschrift. Viele Behörden arbeiten leider nach diesem Prinzip.

Quadrant 2: Hohes Alignment, niedrige Autonomie
In diesem Quadranten wird jedem Mitarbeitenden klar das Ziel kommuniziert. Gleichzeitig wird exakt vorgeben, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Wer jetzt an militärischen Führungsstil denkt, liegt allerdings falsch - erfolgreiche militärische Strukturen arbeiten deutlich anders. Dieser Führungsstil hat sich schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts als wenig tauglich herausgestellt. Er versagt in Situationen, die nicht von den Planenden vorhergesehen wurden, weil die Angestellten nicht die Erlaubnis haben, flexibel und eigenverantwortlich auf die Situation zu reagieren. In der heutigen, immer komplexer werdenden Welt ist er daher völlig fehl am Platz, wird aber noch häufig gelebt. Der Grund: Er ist unter allen Quadranten immerhin der zweiteffektivste - und die Existenz des effektivsten 4. Quadrant ist vielen Führungskräften nicht bekannt.

Quadrant 3: Niedriges Alignment, hohe Autonomie
Dieser Quadrant ist pures Chaos und der Grund warum viele denken, dass Selbstorganisation nicht funktioniert. Hier darf zwar jeder selbst entscheiden, wie und an was er arbeitet, aber ohne gemeinsames Ziel verpufft der Effekt dieser Arbeit schnell. Viele Chefs haben es (unbewusst) mit diesem Quadranten versucht, als sie ihre (fehlgeschlagenen) Autonomie-Experimente gefahren haben, ohne sich bewusst zu machen, dass der goldene Weg in Quadrant 4 liegt.

Quadrant 4: Hohes Alignment, hohe Autonomie
Dieser Quadrant ist dein Ziel. Hier wissen die Angestellten, was das gemeinsame Ziel ist und suchen ihren Vorlieben und ihren Fähigkeiten entsprechend Wege, dieses Ziel zu erreichen. Dabei gehen sie eigenverantwortlich vor, d.h. du musst ihnen nicht ständig auf die Finger schauen und hast Zeit, dich einmal zurück zu lehnen und die strategische Arbeit zu machen: die Definition der Ziele und die Kommunikation derselben.


Ein hohes Alignment ermöglicht also erst sinnvolle Autonomie. Denn nur, wenn alle Mitarbeitenden verstehen, worum es geht, können sie eigenmächtig sinnvolle Entscheidungen treffen.

Ganz wichtig ist, dass die Mitarbeitenden nicht nur verstehen, was gemacht werden soll, sondern auch was die Intention dieser Maßnahmen ist, also das Warum dahinter. Nur wenn dieses Warum klar ist, kann ein*e Mitarbeitende*r sinnvoll improvisieren, wenn - mal wieder - nicht vorhergesehene Situationen auftreten. Halt dich dabei am besten an den Goldenen Kreis:

Das Problem: Fehlkommunikation ist die Regel, nicht die Ausnahme

Das klingt recht einfach: du erklärst also einfach all deinen Mitarbeitenden das Wie, Was und Warum des gemeinsamen Ziels und schon ist die Säule Alignment gebaut.

Allerdings überschätzt man häufig, wie gut das Alignment im eigenen Team ist.

Kommt dir die folgende Situation bekannt vor: Du hast einer*einem Mitarbeitenden lang und detailliert erklärt, was du von ihm*ihr willst und ihn*sie dann an die Arbeit geschickt. Aber als du dir das Ergebnis später anguckst, stellst du fest, dass es überhaupt nicht im Sinne des Auftrags ist. Du kannst nicht verstehen, was schief gelaufen ist, denn dein Auftrag war doch klar und deutlich - oder?

Wir überschätzen maßlos, wieviel von unseren Gedanken wir wirklich durch Erklärungen in den Kopf anderer Leute übertragen bekommen. Und wir unterschätzen, wie oft wir etwas unverständlich erklären oder wie oft die andere Person uns nur halb zuhört, weil sie abgelenkt ist.

Fehlkommunikation kommt also viel häufiger vor als wir denken.

Die Lösung: Backbriefing

Eine gute Methode, um zu überprüfen, wie gut unser Gegenüber uns verstanden hat, ist das Backbriefing. Lass dir doch das nächste Mal einfach von deinen Mitarbeitenden noch einmal zurückmelden, wie sie den Arbeitsauftrag verstanden haben. Du wirst feststellen, dass immer noch einige Details falsch aufgenommen wurden. Aber so könnt ihr dies erkennen und gemeinsam beseitigen.