Autonomie – die zentrale Säule eigenverantwortlicher Arbeit
Von den 5 Säulen eigenverantwortlicher Arbeit ist Autonomie die zentrale Säule, um die herum sich alle weiteren anordnen. Wenn du möchtest, dass dein Team selbständiger und eigenverantwortlicher arbeitet, musst du ihnen zunächst den Freiraum dazu geben.
Autonomie kann dein Team nicht ohne die anderen Säulen tragen
Vermutlich hast du bereits an der ein oder anderen Stelle damit experimentiert und festgestellt, dass ihre Arbeit dann nicht mehr in deinem Sinne läuft. Der Grund dafür ist vermutlich ein Problem mit den anderen vier Säulen, ohne die eigenverantwortliche Arbeit eben nicht funktioniert - insbesondere der Säule Alignment. Und genauso wird es auch in Zukunft nicht funktionieren, wenn du einfach NUR Autonomie aufbaust, ohne dich um die anderen vier Säulen zu kümmern. Denn Autonomie alleine führt meist zu Konfusion und falschen Entscheidungen.
Trotzdem ist es wichtig einmal darüber zu reden, wie echte Autonomie aussieht.
Autonomie ist NICHT, wenn der Chef Entscheidungsfreiheit an die Angestellten gibt, aber sofort einschreitet, wenn etwas nicht nach seinem Plan läuft. Echte Autonomie ist, wenn der Chef Abstand hält, OBWOHL gerade etwas (in seinen Augen) schief läuft und sich auf Hilfestellungen wie Coaching beschränkt.
Viele Chefs sind Chef geworden, weil sie selbst eine gute Fachkraft waren. Und diese Fachkraft steckt noch immer in ihnen und flüstert ihnen gelegentlich ins Ohr: "Das, was der Herr Meyer da macht, ist falsch. Das weißt du besser. Sag ihm, wie es richtig geht." Und sehr viele Chefs folgen dieser inneren Stimme, insbesondere wenn sie im Stress sind.
Das Fatale daran: Dadurch nehmen diese Chefs ihren Mitarbeitenden die Chance zum eigenverantwortlichen Lernen. Wie ein besorgter Vater der immer zu seinem Kind rennt wenn es auf dem Kinderrad umzustürzen droht. Natürlich: Wenn Mitarbeitende Fehler machen, sorgt das für negative Kommentare von der eigenen Führungskraft oder aus anderen Abteilungen. Aber Spoiler: Fehler werden nun einmal gemacht wenn man arbeitet. Es gibt andere Möglichkeiten um größere Katastrophen zu verhindern als dass eine Führungskraft einschreitet.
Wer alles selber macht, wird irgendwann alles selber machen müssen
Du bist hier, weil dir deine Arbeit über den Kopf wächst. Weil dein Team nicht in der Lage ist, die Aufgaben so zu erfüllen wie es sein sollte. Und du einspringst und die Arbeit übernimmst.
Dieser Zustand ist eine klassische sich selbst verstärkende Abwärtsspirale: nimmt deinen Angestellten die Eigenverantwortung ab und sie werden sich auf diesem Zustand ausruhen und die Verantwortung dir zuschieben - das ist letztlich bequemer für sie.
Um langfristig Eigenständigkeit zu trainieren, musst du die Kontrolle ein Stück weit gehen lassen - auch wenn sich das schlecht anfühlt, vorübergehend zu schlechten Ergebnissen führt oder sogar von deinen Mitarbeitenden nicht gewünscht wird. Für Viele liegt Eigenverantwortung außerhalb ihrer Komfortzone. Du wirst sie langsam daran gewöhnen müssen - wie auch das Fahrrad fahrende Kind irgendwann mal ohne Stützräder fahren muss.
Mit anderen Worten: Autonomie bedeutet, dass deine Angestellten auch mal alleine sein und auf die Nase fallen müssen.
Autonomie ist kein Schalter, den man von 0 auf 100 umlegt
Weder für deine Mitarbeitenden noch für dich wird es funktionieren, Autonomie im Schnelldurchgang einzuführen. Autonomie ist ein langsamer Lernprozess, den du Stück für Stück durchziehen musst.
Ein tolles Tool dafür ist das Delegation Poker von Jurgen Appelo. Mit Hilfe von 7 Stufen vereinbarst du mit deinen Angestellten (einzeln oder als Team) Delegationslevel für jeden Aufgabenbereich:
- Verkünden: Du entscheidest allein und informierst die Mitarbeitenden.
- Verkaufen: Du entscheidest allein und erklärst deine Entscheidung.
- Befragen: Du befragst deine Mitarbeitenden vorab und entscheidest dann.
- Einigen: Ihr entscheidet gemeinsam.
- Beraten: Du berätst deine Mitarbeitenden, aber sie treffen die Entscheidung.
- Erkundigen: Deine Mitarbeitenden entscheiden selbst und bei Interesse erkundigst du dich nach dem Stand.
- Delegieren: Die Entscheidung obliegt allein deinen Mitarbeitenden.
Das ist nicht nur extrem transparent, sondern erlaubt euch auch, den Weg in die Eigenverantwortung Schritt für Schritt zu gehen.
Wichtig: Bevor ihr gemeinsam für einen Aufgabenbereich eine höhere Delegationsstufe wählt, checkst du einfach noch einmal für dich, ob die übrigen 4 Säulen Alignment, Transparenz, Motivation und Übung genügend ausgebaut sind, um dieses neue Level zu tragen.